Anleitung: Wie kannst du deine Darmflora aufbauen?

Liebst du nicht auch das Gefühl grenzenloser Erleichterung, wenn dein Darm überflüssigen Ballast reibungslos entsorgt? Gesunde Mikroorganismen wie Darmbakterien sorgen dafür, dass unser Körper von der Ernährung profitiert. Doch Antibiotika und andere Einflüsse wie Stress oder Durchfall können die Darmflora schädigen. Da stellt sich die Frage: Wie kannst du eine gesunde Darmflora aufbauen?

 

Hier erfährst du es.

 

1. Was ist die Darmflora eigentlich genau?

Schon Hippocrates predigte in der Antike: „Der Darm ist das Tor zum Leben.“ Dabei ist die Darmwand nur die äußere Hülle der Verdauung. So richtig zum Leben erwecken erst die Bakterien das Verdauungssystem. Sie haben die Aufgabe, die vom Magen vorverdaute Nahrung aufzuspalten. Die so entstandenen Nährstoffe schleusen Transportproteine durch die Darmwand in die Blutbahn.

 

Normalerweise denken wir an Darmbakterien, wenn wir vom Mikrobiom oder vom Mikrobiota des Darms sprechen. Tatsächlich setzt sich die Darmflora aber aus einer Vielzahl von Mikroorganisamen zusammen, zu denen auch Viren und Pilze gehören (1). Wissenschaftler schätzen, dass sich in einer gesunden Darmflora zwischen 500 und 1000 verschiedene Arten von Bakterien tummeln, die zahlenmäßig häufiger vertreten sind als andere Mikroorganismen (2).

 

Frage am Rande: Was ist der Unterschied zwischen Mikrobiom und Mikrobiota? Mikrobiota bezeichnet die Gesamtheit der Mikroben im Darm, während sich Mikrobiom genau genommen nur auf die Gene der Mikroben bezieht. Allerdings hat sich die Bezeichnung Mikrobiom mittlerweile als Alternative zu Darmflora eingebürgert (3).

 

Interessanterweise ist die Zusammensetzung deiner Darmflora ebenso individuell wie dein Charakter (4). Sie scheint zudem enormen Einfluss darauf zu haben, wie du deine Ernährung verdaust. Wissenschaftler haben mittlerweile drei Klassen von Darmtypen erarbeitet, die sie als Enterotypen bezeichnen (5).

 

  1. Bacteroides: Bei diesem Verdauungstyp sind die Bakterien der Gattung Bacteroides am häufigsten vertreten. Sie verwerten Eiweiß und Kohlenhydrate sehr gut und machen Menschen häufig zu Fleischliebhabern. Durch die gute Nahrungsverwertung sorgen sie allerdings auch dafür, dass man leicht zunimmt.
  2. Prevotella: Die Gattung Prevotalla ist hier am häufigsten vorhanden. Sie sind besonders dazu geeignet, Zucker und Proteine zu verdauen. Vegetarier gehören häufig zu diesem Enterotyp.
  3. Ruminococcus: Rund drei von vier Menschen haben besonders viele Rumincoccus-Bakterien in ihrem Darm. Sie können besonders gut Schleimstoffe und Zucker aufspalten.

 

Übrigens setzt sich die Darmflora in den einzelnen Darmabschnitten ganz verschieden zusammen. Im bis zu fünf Meter langem Dünndarm tummeln sich ganz andere Mikroorganisamen als im Dickdarm (6). Die meisten Darmbakterien verrichten ihre Arbeit hier und spalten schwer verdauliche Bestandteile der Ernährung auf.

 

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2. Warum ist die Darmflora so wichtig?

Warum ist die Darmflora so wichtig?

 

Mittlerweile besteht bei Fachleuten kein Zweifel mehr daran, dass die Darmflora einen unverzichtbaren Bestandteil des menschlichen Stoffwechsels darstellt. Zudem ist ein Großteil des Immunsystems rund um den Darm herum angesiedelt. Beispielsweise stellt der Blinddarm Immunglobulin A her, einer der wichtigsten Antikörper des Immunsystems (7). Zudem bestehen zwischen Mikrobiom und Immunsystem zahlreiche Wechselbeziehungen (8). Durch biochemische Reaktionen kommunizieren deine Darmbakterien mit deinem Immunsystem.

 

Ist die Darmflora gestört, leidet deshalb die Gesundheit. Es liegt auf der Hand, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Zöliakie oder Morbus Chron mit einem schadhaften Mikrobiom einhergehen (9). Doch auch Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Lungenkrankheiten und neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson werden mittlerweile mit der Darmflora in Zusammenhang gebracht (10-11). Außerdem treten Darmerkrankungen häufig zusammen mit Depressionen und Angstzuständen auf.

 

Direkter Einfluss auf die Stimmung

 

Darüber hinaus beeinflusst die Darmflora die Gehirnfunktionen direkt (12). Bis 2018 dachten Wissenschaftler, diese Kommunikation erfolgt nur über Botenstoffe und indirekte Nervenverbindungen (13). Tatsächlich aber gibt es Nervenbahnen, die vom Darm direkt ins Gehirn reichen (14).

 

Dennoch operiert das Verdauungssystem unabhängig vom Gehirn und vom zentralen Nervensystem (15). Wie Netzstrümpfe umhüllen über 200 bis 600 Millionen Nervenzellen den gesamten Darm. Das sind mindestens genau so viele Nervenzellen wie im Rückenmark (16). Deshalb wird der Darm auch als zweites Gehirn bezeichnet. Das so oft beschriebene Bauchgefühl hat also durchaus seine Berechtigung.

3. Darmflora aufbauen: Lebensmittel, Präbiotika und Probiotika

 

Du leidest häufig an Blähungen, Verstopfung oder Durchfall? Daran können Lebensmittelallergien und –unverträglichkeiten ebenso schuld sein wie eine gestörte Darmflora. Nach einer Behandlung mit Antibiotika empfiehlt es sich auf jeden Fall, die Darmflora gezielt aufzubauen. Eine Darmsanierung mit striktem Ernährungsplan ist dafür nicht immer nötig. In den meisten Fällen reicht es, die Ernährung mit geeigneten Lebensmitteln anzureichern.

 

Präbiotika: Die wichtigen Ballaststoffe

 

Faserstoffe können wir in zwei Gruppen einteilen:
  • wasserlösliche und
  • wasserunlösliche Ballaststoffe

 

 

Gute Quellen für wasserlösliche Fasern:

 

  • Haferflocken
  • Nüsse und Samen
  • Beeren
  • Äpfel

 

Wasserlösliche Fasern absorbieren Flüssigkeit und bilden eine Art Gel. Äpfel liefern dir eine besondere Art von Faserstoffen, das Pektin. Sie wirken sich besonders günstig auf die Verdauung aus. Ballaststoffe führen zum einen dazu, dass der Darm lange gefüllt ist und du dich satt fühlst. Außerdem verlangsamen sie die Verdauung und wirken sich so günstig auf den Blutzuckerspiegel und den Cholesterinspiegel aus (17). Zum anderen fermentieren Darmbakterien diese Ballaststoffe und ernähren sich von den so entstandenen Substanzen. Chiasamen, Leinsamen und Flohsamenschalen sind hervorragende Quellen für wasserlösliche Fasern. Flohsamenschalen löst du in einem Glas Wasser auf und trinkst sie sofort. Ein weiteres Glas Wasser sorgt dafür, dass sie gut aufquellen können.

 

Gute Quellen für wasserunlösliche Ballaststoffe:

 

  • Vollkorngetreide
  • Kleie
  • Pilze
  • Hülsenfrüchte

 

Wasserunlösliche Ballaststoffe dagegen regen die Darmbewegungen an. Das verhindert Verstopfung und fördert die Gesundheit des Darms. Beispielsweise können sie helfen, Divertikelkrankheit mit entzündlichen Ausstülpungen des Darms vorzubeugen (18).

 

Sonderfall: Resistente Stärke

 

Seit einigen Jahren gilt resistente Stärke als ein neues Wundermittel für den Darm und als eine dritte Art von Ballaststoffen. Mittlerweile bieten es zahlreiche Hersteller zu teuren Preisen an. Tatsächlich ist es jedoch nicht nötig, resistente Stärke zu kaufen. Du kannst auch mit normaler Ernährung resistente Stärke verzehren.

 

Bei resistenter Stärke handelt es sich um Kohlenhydrate, die dein Stoffwechsel nicht verdauen kann. Dafür freuen sich deine Darmbakterien um so mehr über diese Stärke, die wie ein Festessen für sie ist. Sie wandeln die drei verschiedenen Typen resistenter Stärke mühelos in kurzkettige Fettsäuren um, vor allem in Butyrat (19).

 

Das fördert das Wachstum von Zellen in der Darmwand und erhält damit die Darmbarriere. Butyrat soll sogar beim Schlafen helfen (20). Zudem dient resistente Stärke den Darmbakterien als Nahrung und fördert das Gleichgewicht zwischen einzelnen Stämmen von Darmbakterien (21).

 

Diese Lebensmittel liefern dir resistente Stärke:

 

  • Typ 1: Diese Stärke ist in den Zellwänden von Hülsenfrüchten, Samen und Körnern gebunden.
  • Typ 2: Rohe Kartoffeln und grüne Bananen enthalten diese Art resistenter Stärke.
  • Typ 3: Diese resistente Stärke bildet sich, wenn gekochte Kartoffeln und gekochter Reis abkühlen.

 

Probiotika: Nützliche Darmbakterien

 

Fermentierte Lebensmittel enthalten viele gesunde Darmbakterien – vorausgesetzt, sie wurden nicht pasteurisiert. Temperaturen über 60 Grad vernichten diese Bakterien. Das bedeutet: Sauerkraut aus dem Discount-Supermarkt liefert keine Mikroorganismen für deinen Darm.

 

Zum Darmflora aufbauen eignen sich alle Lebensmittel, die Milchsäurebakterien enthalten. In jedem Bioladen findest du zahlreiche Produkte, die dein Mikrobiom stärken, beispielsweise Miso, Kombucha und natürlichen Apfelessig. Du kannst die Probiotika auch in Form von Kapseln mit verschiedenen Darmbakterien einnehmen.

 

Darüber hinaus fördern auch einige Nahrungsergänzungsmittel die Darmflora. OPC und Astaxanthin beispielsweise sind starke Antioxidantien. Sie wirken Entzündungen entgegen und bringen das Immunsystem ins Gleichgewicht. Das wirkt sich auch stimulierend auf das Mikrobiom aus (22-23).

 

Tipp: Magensäure zerstört probiotische Bakterien. Deshalb empfiehlt es sich, fermentierte Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel niemals auf nüchternen Magen einzunehmen. Nahrung verdünnt die Magensäure und erlaubt es so den Darmbakterien, auch tatsächlich in den Darm zu gelangen.

 

Kollagen für den Darm

 

Ballaststoffe sind nicht die einzigen Nährstoffe, die ein gesunder Darm braucht. Auch im Verdauungssystem spielt das Strukturprotein Kollagen eine wichtige Rolle. So kommt in Kollagen reichlich die Aminosäure Glycin vor, die in Lebensmitteln ansonsten eher selten anzutreffen ist. Knochenbrühe ist eine hervorragende Quelle für Kollagen. Das in der Brühe gelöste Kollagen kann dein Körper besonders leicht aufnehmen.

 

Glycin in Kollagen wirkt sich auf mehrfache Weise günstig im Darm aus. Besonders wichtig: Es verbessert die Darmbarriere (24). Außerdem hilft es, Verletzungen der Darmwand zu reparieren – besonders wichtig bei Leaky Gut Syndrom (25). Zum einen unterstützt Glycin Enzymprozesse, die freie Radikale im Darm vernichten. Zum anderen schützt es die Darmwand vor überschüssiger Säure (26).

 

Eine weitere Aminosäure in Knochenbrühe ist Glutamin. Sie ist in vielen eiweißreichen Lebensmitteln zu finden. Im Darm hilft Glutamin den sogenannten ‚tight junctions’, gut zu funktionieren (27). Diese Proteine halten die Zellen der Darmwand wie ein festes Garn zusammen. Auf diese Weise sorgen sie dafür, dass nichts unkontrolliert aus dem Darm entkommen kann. Außerdem fördert Glutamin die Bildung der Antikörper Immunglobulin A und stärkt so das Immunsystem (28).

 

4. Darmflora aufbauen: Ernährungsfahrplan

 

Fürs gezielte Aufbauen der Darmflora brauchst du keine Diät mit strengem Ernährungsplan. Allerdings solltest du eine Reihe von Stoffen täglich mit deiner Ernährung zu dir nehmen. Folgender Fahrplan zeigt dir, worauf es dabei ankommt. Wir liefern dir tägliche Mindest-Mengenangaben als Richtlinie mit. Du musst dich aber nicht sklavisch daran halten. Wichtig ist, deinen Darm reichlich mit den geeigneten Substanzen zu versorgen.

Ballaststoffe:

 

  • 100 g Vollkornprodukte
  • 2 Stück Obst, am besten Äpfel zwecks Pektin
  • 2 Portionen Gemüse
  • 50 g Nüsse und Samen
  • 2 Esslöffel Leinsamen, Chiasamen oder Flohsamenschalen (optional)

 

Resistente Stärke:

 

  • 2 gekochte, kalte Kartoffeln oder
    1 Tasse gekochten, kalten Vollkornreis

 

Probiotika:

 

  • Fermentierte Lebensmittel wie Bio-Joghurt, nicht pasteurisiertes Sauerkraut, Miso, Kombucha
  • Kapseln mit Darmbakterien

 

Kollagen: Alternative für Vegetarier und Veganer:

 

Hinweis in eigener Sache: Natürlich empfehlen wir hier unsere eigenen Produkte, da wir so die Qualität garantieren können.

 

Quellenverzeichnis:
  1. (1) Shreiner AB, Kao JY, Young VB. The gut microbiome in health and in disease. Curr Opin Gastroenterol. 2015 Jan;31(1):69-75. doi: 10.1097/MOG.0000000000000139. PMID: 25394236; PMCID: PMC4290017. (Link)
  2. (2) Gilbert JA, Blaser MJ, Caporaso JG, Jansson JK, Lynch SV, Knight R. Current understanding of the human microbiome. Nat Med. 2018 Apr 10;24(4):392-400. doi: 10.1038/nm.4517. PMID: 29634682; PMCID: PMC7043356. (Link)
  3. (3) Allaband C, McDonald D, Vázquez-Baeza Y, Minich JJ, Tripathi A, Brenner DA, Loomba R, Smarr L, Sandborn WJ, Schnabl B, Dorrestein P, Zarrinpar A, Knight R. Microbiome 101: Studying, Analyzing, and Interpreting Gut Microbiome Data for Clinicians. Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Jan;17(2):218-230. doi: 10.1016/j.cgh.2018.09.017. Epub 2018 Sep 18. PMID: 30240894; PMCID: PMC6391518. (Link)
  4. (4) Human Microbiome Project Consortium. Structure, function and diversity of the healthy human microbiome. Nature. 2012 Jun 13;486(7402):207-14. doi: 10.1038/nature11234. PMID: 22699609; PMCID: PMC3564958. (Link)
  5. (5) Costea PI, Hildebrand F, Arumugam M, Bäckhed F, Blaser MJ, Bushman FD, de Vos WM, Ehrlich SD, Fraser CM, Hattori M, Huttenhower C, Jeffery IB, Knights D, Lewis JD, Ley RE, Ochman H, O’Toole PW, Quince C, Relman DA, Shanahan F, Sunagawa S, Wang J, Weinstock GM, Wu GD, Zeller G, Zhao L, Raes J, Knight R, Bork P. Enterotypes in the landscape of gut microbial community composition. Nat Microbiol. 2018 Jan;3(1):8-16. doi: 10.1038/s41564-017-0072-8. Epub 2017 Dec 18. Erratum in: Nat Microbiol. 2018 Feb 13;: PMID: 29255284; PMCID: PMC5832044. (Link)
  6. (6) Tuddenham S, Sears CL. The intestinal microbiome and health. Curr Opin Infect Dis. 2015 Oct;28(5):464-70. doi: 10.1097/QCO.0000000000000196. PMID: 26237547; PMCID: PMC4643846. (Link)
  7. (7) Girard-Madoux MJH, Gomez de Agüero M, Ganal-Vonarburg SC, Mooser C, Belz GT, Macpherson AJ, Vivier E. The immunological functions of the Appendix: An example of redundancy? Semin Immunol. 2018 Apr;36:31-44. doi: 10.1016/j.smim.2018.02.005. Epub 2018 Mar 2. Review. PubMed PMID: 29503124. (Link)
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  9. (9) Schirmer M, Franzosa EA, Lloyd-Price J, McIver LJ, Schwager R, Poon TW, Ananthakrishnan AN, Andrews E, Barron G, Lake K, Prasad M, Sauk J, Stevens B, Wilson RG, Braun J, Denson LA, Kugathasan S, McGovern DPB, Vlamakis H, Xavier RJ, Huttenhower C. Dynamics of metatranscription in the inflammatory bowel disease gut microbiome. Nat Microbiol. 2018 Mar;3(3):337-346. doi: 10.1038/s41564-017-0089-z. Epub 2018 Jan 8. PMID: 29311644; PMCID: PMC6131705. (Link)
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