Unsterblichkeit: Willst du wirklich ewig leben?

Der Traum von Unsterblichkeit beflügelt unsere Fantasie wie wenig andere Themen. Die Suche nach dem Wundermittel für ewiges Leben ist so alt wie die Menschheit selbst. Hollywood-Filme befassen sich regelmäßig mit unsterblichen Helden – Highlander zeigt uns dabei auch die Schattenseiten, wenn wir nicht sterben können. Heute sind manche Wissenschaftler davon überzeugt, dass wir in absehbarer Zeit dem Tod von der Schippe springen können.

1. Die Geschichte der Unsterblichkeit

Frühe Konzepte und Sagen

Vom Alten Testament (1) über das Gilgamesch-Epos bis zu der Religion der alten Ägypter: Unsterblichkeit oder ewiges Leben beschäftigt die Menschen, seitdem sie denken können – nicht zuletzt, um Sinn im Leben zu finden.

Gilgamesch: Ewiges Leben in der Erinnerung

Historiker nennen das Gilgamesch-Epos der Sumerer als die früheste, dokumentierte Jagd nach Unsterblichkeit (2). Der König von Uruk lebte vermutlich rund 3000 Jahre vor Christus. Das Epos wurde in Keilschrift auf Tontafeln verfasst, wobei die ältesten Tafeln rund 2000 vor Christus gekerbt wurden. Gilgamesch findet das Kraut des ewigen Lebens, verliert es aber wieder. Schließlich erkennt der König, dass er nur im Andenken der Menschen weiterleben kann.

Ägypten: Die Unsterblichkeit der Seele

Etwa zur gleichen Zeit wie das Gilgamesch-Epos in Mesopotamien entwickelten sich in Ägypten die Kultur der Pharaonen und die dazugehörige Religion. Für sie ist der Tod der Beginn des ewigen Daseins: Die beiden Seelen Ba und Ka verlassen den Körper und vereinen sich wieder mit ihm, wenn er mumifiziert wurde und der Verstorbene das Totengericht von Osiris gut überstanden hat (3).

Taoismus in China

Der Taoismus oder Daoismus in China erscheint etwas später auf der Bildfläche (4). Bewiesen ist die Existenz dieser Weltanschauung im 4. Jahrhundert vor Christus. Verschiedene Strömungen des Taoismus befassen sich mit dem Thema der Unsterblichkeit. Manche meinen, der Mensch könnte durch Weiterentwicklung zum Xian (Heiligen) seinem Körper ewiges Leben verleihen. Chinesische Alchemisten vertrauten dagegen eher auf ein Elixier.

2. Was ist Unsterblichkeit?

Die unterschiedlichen Auffassungen von Unsterblichkeit bringen uns zu der Frage: Was bedeutet Unsterblichkeit eigentlich? Wenn wir heute vom ewigen Leben sprechen, kann sich dieser Ausdruck auf die Unvergänglichkeit der Seele oder die tatsächliche Unsterblichkeit des Körpers beziehen. Das ewige Leben in einer anderen Dimension – ob wir das nun als Seele, Geist oder Bewusstsein bezeichnen wollen – spielt in praktisch jeder Religion eine wichtige Rolle.

Unsterbliche Götter, fast unsterbliche Helden

Im antiken Griechenland, in Rom, aber auch in nördlichen Gefilden unterschieden sich die Götter in erster Linie durch ihre Unsterblichkeit von den Menschen. Ansonsten verhielten sie sich nur allzu menschlich – man denke nur an den Göttervater Zeus, seine außerehelichen Affären und die Eifersucht seiner Ehefrau Hera.

Wenn sich göttliche Wesen mit Sterblichen paarten, wurden ihre Nachfahren oft fast unsterblich. Die Nymphe Thetis taucht ihren Sohn Achilles in den Styx, den Fluss der Unterwelt. Das sollte ihm das ewige Leben sichern (5). Doch sie hielt ihren Sprössling an der Ferse und machte ihn so verwundbar. In der Nibelungensage badet Siegfried zwecks Unsterblichkeit in Drachenblut, doch ein herabfallendes Blatt hinterlässt eine verwundbare Stelle (6).

Unsterblichkeit als ewige Strafe

Im allgemeinen wurde Unsterblichkeit als eine wünschenswerte Eigenschaft betrachtet. Aber es gibt auch Beispiele, bei denen das ewige Dasein zum Fluch wurde – etwa für Sisyphos (7), der zur Strafe ständig einen Felsbrocken einen Berg hinaufrollen muss oder für Prometheus (8), der – an einen Felsen gekettet – ewig von einem Adler traktiert wird.

Vom Jungbrunnen bis zur denkbaren Möglichkeit

Im sogenannten Alexanderroman, romanhaften Biographien von Alexander dem Großen, wird berichtet, dass der Eroberer im vierten Jahrhundert vor Christus nach dem Quell ewiger Jugend fahndete. Daraus entspringt die Legende vom Jungbrunnen, den manche Menschen für real hielten. Berühmt ist das gleichnamige Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren aus dem Jahr 1546 (9). Im späten 12. Jahrhundert entwickelt sich die Artus-Sage mit dem heiligen Gral, der ewige Jugend, Glückseligkeit und unendliche Fülle verheißt (10).

Ketzerische Gedanken in der Renaissance

Bis zur Renaissance waren sich die Menschen weitgehend darin einig, dass die Seele unsterblich ist. Für die christliche Kirche begann das ewige Leben mit der Wiederkehr von Jesus Christus, der die Toten auferwecken soll. Das änderte der italienische Humanist Pietro Pomponazzi, Professor für Philosophie an der Universität Padua (11). Er verwarf in seinem Buch De Immortalitatae Animae die Unsterblichkeit der Seele. Damit brüskierte er Papst Leo X., der wenige Jahre zuvor die Seele als unsterblich erklärt hatte. Für die christliche Kirche war die unsterbliche Seele in erster Linie eine Machtfrage: Die Androhung von ewigen Höllenqualen diente dazu, die Gläubigen bei der Stange zu halten.

Unsterblichkeit: Unlogisch oder denkbar?

Auch in der Neuzeit beschäftigte die Frage der Unsterblichkeit viele Philosophen. Der Vertreter der Aufklärung, Immanuel Kant (12), betonte, dass die Unsterblichkeit der Seele logisch nicht beweisbar sei. Karl Popper (13), einer der bedeutendsten Philosophen der Gegenwart, hält ewiges Leben zumindest für denkbar.

3. Unsterblichkeit im Film und auf Youtube

Für die Leinwand bleibt das Thema Unsterblichkeit ein Kassenmagnet. Von Dracula über Highlander bis zu Indiana Jones bietet es reichlich Stoff für Unterhaltung und Abenteuer. X-Men, Jason Vorhees und Lord Voldemort: Das ewige Leben, Tod und Wiedergeburt beflügeln unsere Fantasie und wissenschaftliche Forschung gleichermaßen. Wer auf Youtube nach dem Begriff Unsterblichkeit sucht, erhält weit über 200.000 verschiedene Videos angeboten. Alle befassen sich mit verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen, das ewige Leben zu verwirklichen.

4. Werden wir bald alle unsterblich?

Den Tod zu überwinden, hört sich für dich wie Zukunftsmusik an? Manche Zukunftsforscher sind davon überzeugt, dass Menschen in nicht allzu ferner Zukunft ewig leben können. Einer von ihnen ist Ray Kurzweil, ein US-amerikanischer Erfinder. Als ‚Director of Engineering’ für Google ist er an dem Google-Projekt Calico beteiligt. Dieser Name steht für California Life Company. Diese Firma beschäftigt sich mit Methoden, die das menschliche Altern bekämpfen sollen.

SENS: Seneszenz vernachlässigbar?

Der englische Wissenschaftler Aubrey de Grey versteht sich als einer der Führer der zahlreichen Institute, Stiftungen und Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren weltweit verstärkt mit dem Thema Unsterblichkeit befassen. Er ist Mitbegründer der SENS Foundation. Diese Buchstaben stehen für Strategies for Engineered Negligible Senescence (Strategien für künstlich vernachlässigbare Seneszenz).

Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbirgt sich ein neuer Ansatz bei der Forschung. Die Stiftung will Krankheiten verhindern, indem sie biochemische Prozesse des Alterns beeinflusst und so Schäden auf Zellebene verhindert. Grey kritisiert, wie andere Wissenschaftler auch, dass Studien in der Regel nicht unabhängig finanziert werden. Demnach fehlt es an der Zusammenarbeit von Forschern verschiedener Gebiete, um das Thema Altern von Grund auf zu verstehen.

Die Methusalem Maus

Deshalb ist Grey federführend bei der Methusalem Stiftung beteiligt. Ihr Slogan: ‚Making 90 the new 50 by 2030’ (90 wird das neue 50 in 2030) (14). Sie lobt den Methusalem-Maus-Preis aus für Forscher, die sich mit Lebensverlängerung befassen. Mit Mäusen sollen Erkenntnisse gewonnen werden, die sich auf Menschen übertragen lassen. Im Jahr 2013 schaffte es eine US-amerikanische Forschergruppe, die durchschnittliche Lebensdauer von Mäusen von drei Jahren um ganze fünf Jahre zu verlängern (15).

Neben Grey und Kurzweil beschäftigen sich auch andere führende Persönlichkeiten mit dem Thema Unsterblichkeit. Jeff Bezos von Amazon und Peter Thiel von PayPal finanzieren Unity Biotechnology. Oracle-Gründer Larry Ellison steht hinter der Lawrence Ellison Foundation, die Forschungsprojekte für Lebensverlängerung unterstützt.

Verschiedene Ansätze für Unsterblichkeit

Die Bemühungen um Unsterblichkeit konzentrieren sich zur Zeit auf vier verschiedene Gebiete:

  • Biotechnologie
  • Cyborgologie
  • Kryonik
  • Mind-Uploading

Biotechnologie: Nanobots im Blut?

Gentherapie, Zellerneuerung und Nanotechnologie: Die Medizin macht rasante Fortschritte, die unser Leben verlängern können. Nanobots existieren bereits, die Medikamente über die Blutbahn ausliefern können (16). Denkbar ist, dass sie in naher Zukunft Schadstoffe beseitigen und Reparaturen durchführen können.

Cyborgologie: Organe aus dem 3D-Printer

Künstliche Implantate können helfen, schadhafte Organe auszutauschen. Die sogenannte Cyborgologie geht dabei weit über das einfache Einsetzen von Organen hinaus. Darunter versteht man auch die Verwendung von Neuro-Implantaten, um kognitive Fähigkeiten zu verbessern (17). Wissenschaftler arbeiten zurzeit mit Hochdruck daran, Organe mit 3D-Printern zu fertigen (18).

Kryonik: Warten auf die Wissenschaft

Bei extrem tiefen Temperaturen kann der Verfall des Gewebes theoretisch unendlich lange gestoppt werden. Manche Menschen nutzen heute Kryonik, um ihren Körper oder ihr Gehirn einfrieren zu lassen. Ziel ist es, auf die wissenschaftliche Weiterentwicklung zu warten und dann von lebensverlängernden Maßnahmen zu profitieren.

Mind-uploading: Dein Ego in der Cloud?

Bisher ist Mind-Uploading nur ein theoretisches Konzept und für viele Leute hört es sich wie Science Fiction an. Tatsächlich gibt es Projekte, die sich damit direkt und indirekt befassen. Das Brain Activity Map Project der US-Regierung bemüht sich derzeit, die Aktivitäten aller menschlichen Nervenzellen zu erfassen (19). Die Europäische Kommission finanziert das Humain Brain Project (20). Es soll das gesamte Wissen über das menschliche Gehirn erfassen und anschließend mit Computerhilfe simulieren. Ray Kurzweil geht davon aus, dass Computer bereits 2023 die Kapazität menschlicher Gehirne erreichen.

Transhumanismus: Zum Fortschritt verpflichtet

Mit dem Transhumanismus gibt es mittlerweile auch einen philosophischen Unterbau für die unbegrenzte Erweiterung menschlicher Möglichkeiten. Anhänger des Transhumanismus sehen ihre Wurzeln in der Renaissance und in der Aufklärung. Sie betrachten unsere Existenz als Menschen als Verpflichtung zum Fortschritt. Die Grenzen menschlicher Möglichkeiten sollten demnach durch den Einsatz von Technologien überschritten werden.

 

Fazit: Unsterblichkeit – Traum oder Albtraum?

Der Traum vom ewigen Leben beschäftigt Menschen seit vielen Jahrtausenden. Mythen, Religionen und sagen ranken sich um magische Elixiere, mit denen wir den Tod überwinden können.

Rasante Fortschritte in verschiedenen Gebieten der Wissenschaft lassen physische Unsterblichkeit wahrscheinlich erscheinen. Manche Forscher glauben, dass wir bereits in wenigen Jahrzehnten Unsterblichkeit erreichen können. Statt: ‚Können wir ewig leben?’ scheint die logische Frage heute zu sein: ‚Wann werden wir unsterblich?’

Doch ist es tatsächlich erstrebenswert, nicht zu sterben? Denk einmal darüber nach: Beim Existieren in der Endlosschleife wiederholt sich alles unendliche Male. Wenn wir auf diesem Planeten endlos gefangen sind, wirkt alles fahl – welchen Wert hat dann noch Liebe? Können wir uns noch wundern oder etwas richtig erleben, wenn alles ohnehin wiederkommt? Wird Leben dadurch vielleicht sogar zu einem Schrecken ohne Ende?

Falls Unsterblichkeit nichts für dich ist, lies hier, wie du auch im Alter noch gesund und munter sein kannst.

 

Quellenverzeichnis:
  1. (1)(www.bibelwissenschaft.de)
  2. (2)(Link)
  3. (3)(de.wikipedia.org)
  4. (4)(dao-verein.de/a>)
  5. (5)(mythentor.de)
  6. (6)(germanen-plakat.de)
  7. (7)(griechische-sagen.de)
  8. (8)(die-goetter.de)
  9. (9)(mahagoni-magazin.de)
  10. (10)(faz.net)
  11. (11 12)(philosophenlexikon.de)
  12. (13)(spektrum.de)
  13. (14)(mfoundation.org)
  14. (15) Bartke A, Brown-Borg H. Life extension in the dwarf mouse. Curr Top Dev Biol. 2004;63:189-225. Review. PubMed PMID: 15536017. (Link)
  15. (16) Saadeh Y, Vyas D. Nanorobotic Applications in Medicine: Current Proposals and Designs. Am J Robot Surg. 2014 Jun;1(1):4-11. doi: 10.1166/ajrs.2014.1010. PMID: 26361635; PMCID: PMC4562685. (Link)
  16. (17)(theguardian.com)
  17. (18) Murphy, Sean & Atala, Anthony. (2014). 3D Bioprinting of Tissues and Organs. Nature biotechnology. 32. 10.1038/nbt.2958. (Link)
  18. (19) Alivisatos AP, Chun M, Church GM, Greenspan RJ, Roukes ML, Yuste R. The brain activity map project and the challenge of functional connectomics. Neuron. 2012 Jun 21;74(6):970-4. doi: 10.1016/j.neuron.2012.06.006. PMID: 22726828; PMCID: PMC3597383 (Link)
  19. (20)(umanbrainproject.eu)

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