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Erkältung in der Schwangerschaft und das Immunsystem
Eine Schwangerschaft fordert den gesamten Körper der Frau: Ein neues Kind zu schaffen, erscheint angesichts der Komplexität der Prozesse wie ein Wunder der Natur. Das Immunsystem ist dabei besonders gefordert. Zunächst einmal muss es dein Baby als einen Teil des Körpers identifizieren, obwohl es eigentlich ein eigenständiger Organismus ist. Gleichzeitig muss es Krankheitserreger jederzeit zuverlässig vernichten können (1).
Diesen gewaltigen Spagat vollführt das Immunsystem mithilfe von Kollagen, während sich die Dezidua aufbaut. Das ist die Gebärmutterschleimhaut, die das Kind umhüllt. Das Immunsystem stellt dafür eine große Anzahl von Killerzellen her, die jedoch dank Kollagen inaktiv in der Schleimhaut verankert sind (2-3).
Das bedeutet, das Immunsystem leistet Überstunden während einer Schwangerschaft. Wissenschaftler verglichen die Wirkung einer Schwangerschaft auf das Immunsystem mit einer großen, offenen Wunde (4). Besonders stark macht sich das im ersten Trimester bemerkbar, wenn Immunzellen in der Dezidua eingelagert werden. Kein Wunder, dass Erkältungen und virale Infekte die häufigste Erkrankung von schwangeren Frauen sind (5).
Ist eine Erkältung in der Schwangerschaft gefährlich für das Kind?
Ein grippaler Infekt, ein Schnupfen oder Husten sind meist die Folgen einer viralen Infektion (6). Die gute Nachricht zuerst: Eine Erkältung in der Schwangerschaft ohne Fieber gefährdet das Baby offenbar nicht. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Studie in den USA, die sich von 1997 bis 2011 mit der Vorbeugung von Missbildungen im Mutterleib beschäftigte (7).
2018 bearbeiteten Wissenschaftler die Daten erneut. Für die Beurteilung von Erkältung in der Schwangerschaft wurden über 27.000 Fälle herangezogen.
Während grippale Infekte ohne Fieber keine Folgen für das Kind hatten, sieht die Lage bei Erkältungen mit Fieber anders aus. Erhöhte Temperatur in der Frühschwangerschaft kann zu einer Reihe von Fehlbildungen führen, unter anderem Lippen- und Gaumenspalten. Die Autoren einer weiteren US-amerikanischen Studie fanden 2015 heraus, dass Fieber während der gesamten Dauer der Schwangerschaft offensichtlich auch Autismus und eine verzögerte Entwicklung des Kindes verursachen kann (8).
Merke: Nicht die Infektion an sich ist gefährlich, sondern offenbar das Fieber. Kontrolliere bei einer Erkältung in der Schwangerschaft deshalb regelmäßig deine Temperatur. Stellt sich Fieber ein, solltest du sofort zum Arzt gehen.
In den meisten Fällen geht eine Erkältung in der Schwangerschaft schnell vorüber. Dennoch solltest du sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Während das Immunsystem mit der Abwehr der Viren beschäftigt ist, haben Bakterien leichtes Spiel. Es kann schnell zu einer sogenannten sekundären oder Super-Infektion kommen. Das kann eine Frühgeburt auslösen (9).
Rezeptfreie Medikamente für Erkältung in der Schwangerschaft?
Rezeptfrei bedeutet nicht ungefährlich. Schmerzmittel wie Paracetamol und Ibuprofen kannst du in jeder Apotheke ohne Rezept bekommen. Sie lindern Schmerzen und senken Fieber. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass schwangere Frauen sie besser vermeiden sollten. So kann Paracetamol die Zahl bestimmter Stammzellen in der Gebärmutterschnur verringern (10). Ibuprofen kann das Geburtsgewicht verringern (11).
Hausmittel gegen Erkältung in der Schwangerschaft: Was hilft ohne Risiken?
Wie bei rezeptfreien Medikamenten gilt bei Kräutern: Die freie Verfügbarkeit sollte dich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pflanzenwirkstoffe unerwünschte Nebeneffekte erzeugen können. Viele Kräuter und Gewürze stärken die Durchblutung in der Gebärmutter und können Wehen auslösen.
Folgende Kräuter und Gewürze solltest du während der Schwangerschaft vermeiden:
- Basilikum
- Bohnenkraut
- Faulbaumrinde
- Ingwer
- Japanische Minze
- Kampfer
- Kardamom
- Liebstöckel
- Lorbeer
- Nelke
- Rosmarin
- Sennesblätter
- Verbena
- Ysop
- Zimt
Und folgende Hausmittel kannst du beruhigt verwenden, um die Symptome einer Erkältung zu behandeln.
Hausmittel Tipp 1: Heißer Tee mit Honig
Ein heißer Tee mit Honig hilft bei einer Erkältung, Schleim zu lösen. Honig wirkt häufig so gut wie verschreibungspflichtige Medikamente, um Hustenreiz zu lindern (12). Zudem lässt sich ein Tee schnell zubereiten. Allerdings solltest du bei der Auswahl der Zutaten auf biologische Qualität achten, besonders bei Honig. 2019 untersuchte Stiftung Warentest 36 verschiedene Sorten und fand heraus, dass jeder vierte Honig mangelhaft war (13-14).
Folgende Kräutertees können Schwangere ohne Risiken trinken:
- Kamille
- Holunder
- Lindenblüten
- Melisse
Hausmittel Tipp 2: Hühnersuppe
Die Hühnersuppe bleibt das klassische Hausmittel bei Erkältungen aller Art. Der heiße Dampf von der Suppe dringt in die Nase ein und verbindet sich dort mit zähem Schleim (15). So verflüssigt er sich und du kannst ihn mit kräftigem Schneuzen aus der Nase befördern. Zudem lindert Hühnersuppe Entzündungen – der Ausdruck ‚jüdisches Penicillin’ ist also durchaus berechtigt (16). In jedem Fall wirkt ein heißes Süppchen wohltuend und stärkt deine Lebensgeister.
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Hausmittel Tipp 3: Salz
Kochsalz zählt zu den Hausmitteln, die in der Schwangerschaft keine Gefahr darstellen. Salz zieht bekanntlich Feuchtigkeit an. Auf den durch Schnupfen und Husten strapazierten Schleimhäuten lässt sich durch Inhalieren oder durch ein Nasenspray ein Nebel mit Salz nieder. Das zieht Feuchtigkeit aus den Schleimhäuten heraus und lässt sie so abschwellen. Du kannst wieder freier atmen.
Die perfekte Dosierung beträgt 9 Gramm Salz auf einen Liter Wasser. Koche das Wasser ein paar Minuten auf, um es zu sterilisieren und löse anschließend das Salz darin auf. Diese Lösung eignet sich zum Inhalieren und als Nasenspray. Für ein Spray füllst du das Salzwasser in eine saubere Glasflasche mit Sprühfunktion ab.
Fürs Inhalieren gibst du das Wasser so heiß wie möglich in eine Schüssel und beugst dich darüber. Mit einem großen Handtuch bedeckst du deine Schultern und bildest so eine Kabine für dein Dampfbad. Nun atmest du ruhig und entspannt den Dampf ein. Perfekt wäre es, 5 Minuten lang zu inhalieren.
Hausmittel Tipp 4: Quark
Magerquark kühlt und übt eine wohltuende Wirkung bei heftigem Husten und Halsschmerzen aus. Du wendest den Quark dort an, wo du ihn am meisten brauchst. Dafür lässt du den Quark auf Zimmertemperatur erwärmen. Anschließend streichst du ihn auf ein Geschirrtuch in der entsprechenden Größe.
Dieses Tuch platzierst du anschließend auf deiner Brust oder auf deinem Hals. Quark sollte mehrere Stunden lang einwirken, beispielsweise abends beim Fernsehen. Du kannst einen Quarkwickel auch über Nacht anwenden. Dafür empfiehlt es sich, den Wickel mit einem weichen Wollschal zu sichern.
Hausmittel Tipp 5: Heilerde
Bei starken Halsschmerzen hat sich eine Auflage mit Heilerde bewährt. Dafür verrührst du 4 Esslöffel Heilerde mit kaltem Wasser zu einem streichfähigen Brei, den du auf deinen Hals aufträgst. Diese Mischung lässt du einwirken, bis die Heilerde getrocknet ist. Anschließend spülst du den Ton sorgfältig ab und pflegst deine Haut mit einer leichten Creme oder Öl.
Hausmittel Tipp 6: Wärme
Manchmal fährt eine Erkältung in der Schwangerschaft auch in die Glieder und verursacht Muskel- und Gelenkschmerzen. Wärme kann diese Schmerzen gefahrlos lindern. Für Wärmeanwendungen hast du viele Möglichkeiten. Ein Körnerkissen, beispielsweise gefüllt mit Kirschkernen, passt sich der Körperform gut an. Die gute, alte Wärmflasche eignet sich ebenso gut wie ein elektrisches Heizkissen oder eine Heizdecke. Wichtig ist, dass kuschelige Wärme dich umhüllt und entspannt.
Virale Infekte: Vorbeugen ist besser als Heilen
Die Pandemie hat uns gezeigt, dass Vorbeugen besser als Heilen ist. Doch der Kontakt mit der Außenwelt – und damit mit gefährlichen Viren – lässt sich kaum vermeiden. Allerdings du kannst zusätzlich zu den üblichen Hygienemaßnahmen viel tun, um einer Infektion mit Viren vorzubeugen.
Ein starkes Immunsystem ist in der Lage, Krankheitserreger aller Art abzuwehren. Die Schleimhäute sind in der Regel die Eintrittspforte für Viren und andere Keime. Sind sie bereits belastet, können sie ihre Abwehrfunktion nur schwer erfüllen. Schwangere Frauen sollten deshalb besonders auf die Gesundheit ihrer Schleimhäute achten.
Mundschleimhaut kontrollieren lassen
Die Mundschleimhaut muss bereits bei jungen Menschen häufig mit Parodontitiserregern kämpfen. Das schwächt ihre Immunfunktion. Deshalb ist es ratsam, dass Schwangere zu Beginn der Schwangerschaft zum Zahnarzt gehen und den Zustand ihrer Mundschleimhaut untersuchen lassen. Als hilfreich hat sich dabei ein sogenannter aMMP8-Test erwiesen. Er misst die Menge eines Enzyms, das bei Entzündungen verstärkt vorkommt (17).
Zudem ist das Immunsystem auf eine gesunde Ernährung mit reichlich Vitaminen und Mineralstoffen angewiesen. Das bedeutet: Schwangere Frauen sollten so viel Obst und Gemüse wie möglich essen. Besonders Vitamin C hilft, Erkältungen vorzubeugen (18). Zink ist ein wichtiges Mineral, das für zahlreiche Prozesse des Immunsystems gebraucht wird (19).
Fazit: Auf den eigenen Körper hören
Du kannst eine Erkältung während der Schwangerschaft nur mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden, wenn du dich in einem Elfenbeinturm einschließt. Doch Isolation und Angst vor Viren belastet dich ebenfalls. Sorgfältige Hygiene und ein gut funktionierendes Immunsystem sind deine besten Verbündeten, um einer Infektion vorzubeugen. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang eine gute Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen. Jeder Mangel beeinträchtigt den gesamten Stoffwechsel und damit das Immunsystem. Wenn du schwanger bist, solltest du deshalb die Grundregeln für gesunde Ernährung besonders gut beachten. Dabei gilt wie immer im Leben: Es gibt keine Lösung, die für alle passt. Am besten hörst du auf deinen Körper. Er sagt dir über Gelüste und Appetit, was nötig ist. Wenn dich während der Schwangerschaft Heißhunger auf ein bestimmtes Lebensmittel überfällt, solltest du dir das auch gönnen. Vielleicht steckt ein Nährstoff darin, den du im Moment unbedingt brauchst.
Quellenverzeichnis
- (1) Tong M, Abrahams VM. Immunology of the Placenta. Obstet Gynecol Clin North Am. 2020;47(1):49-63. doi:10.1016/j.ogc.2019.10.006. (Link)
- (2) Sojka DK, Yang L, Yokoyama WM. Uterine Natural Killer Cells. Front Immunol. 2019;10:960. Published 2019 May 1. doi:10.3389/fimmu.2019.00960. (Link)
- (3) Fu Q, Tao Y, Piao H, Du MR, Li DJ. Trophoblasts and decidual stromal cells regulate decidual NK cell functions via interaction between collagen and LAIR-1. Am J Reprod Immunol. 2014;71(4):368-378. doi:10.1111/aji.12211. (Link)
- (4) Mor G, Cardenas I, Abrahams V, Guller S. Inflammation and pregnancy: the role of the immune system at the implantation site. Ann N Y Acad Sci. 2011 Mar;1221(1):80-7. doi: 10.1111/j.1749-6632.2010.05938.x. PMID: 21401634; PMCID: PMC3078586. (Link)
- (5) Acs N, Bánhidy F, Horváth-Puhó E, Czeizel AE. Population-based case-control study of the common cold during pregnancy and congenital abnormalities. Eur J Epidemiol. 2006;21(1):65-75. doi: 10.1007/s10654-005-5364-2. PMID: 16450209. 1981;152(3):323-326. (Link)
- (6) Allan GM, Arroll B. Prevention and treatment of the common cold: making sense of the evidence. CMAJ. 2014 Feb 18;186(3):190-9. doi: 10.1503/cmaj.121442. Epub 2014 Jan 27. PMID: 24468694; PMCID: PMC3928210. (Link)
- (7) Waller DK, Hashmi SS, Hoyt AT, Duong HT, Tinker SC, Gallaway MS, Olney RS, Finnell RH, Hecht JT, Canfield MA; National Birth Defects Prevention Study. Maternal report of fever from cold or flu during early pregnancy and the risk for noncardiac birth defects, National Birth Defects Prevention Study, 1997-2011. Birth Defects Res. 2018 Mar 1;110(4):342-351. doi: 10.1002/bdr2.1147. Epub 2017 Nov 2. PMID: 29094488; PMCID: PMC5831519. (Link)
- (8) Zerbo O, Iosif AM, Walker C, Ozonoff S, Hansen RL, Hertz-Picciotto I. Is maternal influenza or fever during pregnancy associated with autism or developmental delays? Results from the CHARGE (CHildhood Autism Risks from Genetics and Environment) study. J Autism Dev Disord. 2013 Jan;43(1):25-33. doi: 10.1007/s10803-012-1540-x. PMID: 22562209; PMCID: PMC3484245. (Link)
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